Androhung sich krankschreiben zu lassen, kann fristlose Kündigung nach sich ziehen
LAG Rheinland-Pfalz v. 21.07.2020
8 Sa 430/19
Erst denken, dann reden
Tritt der Arbeitnehmer einer Weisung des Arbeitgebers mit der Drohung entgegen, sich krankschreiben zu lassen, so rechtfertigt das grundsätzlich eine außerordentliche fristlose Kündigung. Dies hat kürzlich das LAG Rheinland-Pfalz klargestellt (Urteil v. 21.07.2020 – 8 Sa 430/19). Es spielt keine Rolle, ob der Arbeitnehmer anschließend tatsächlich aufgrund einer Krankschreibung (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) nicht erscheint oder ob die Weisung rechtswidrig war. Die Androhung stellt für sich genommen bereits eine Nebenpflichtverletzung dar, die zur Kündigung berechtigt.
Worum ging es?
Nachdem es innerbetrieblich zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Geschäftsführer des Arbeitgebers und einem Arbeitnehmer gekommen war, forderte der Geschäftsführer den Arbeitnehmer auf, am Folgetag zu einem Abstimmungsgespräch an seinem Arbeitsplatz zu erscheinen. Im Rahmen der zunächst telefonisch erfolgten Aufforderung sprachen die Parteien bereits darüber, dass es in dem Abstimmungsgespräch u.a. über das Angebot eine Aufhebungsvertrages gehen könnte. Der Arbeitnehmer lehnte es ab zu dem Abstimmungsgespräch zu kommen und entgegnete, dass er ja noch krank werden könne.
Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis anschließend außerordentlich fristlos mit sofortiger Wirkung. Zu Recht, entschied das LAG Rheinland-Pfalz und schloss sich damit dem erstinstanzlichen Urteil an. Die Androhung einer Erkrankung in einer gesunden Zeit rechtfertige die außerordentliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch ohne vorherige Abmahnung. Selbst wenn nach der Androhung ggf. krank zu werden tatsächlich eine Erkrankung eintritt, ist die Androhung im noch gesunden Zustand geeignet, das Vertrauensverhältnis derart gravierend zu erschüttern, dass eine weitere Beschäftigung nicht mehr möglich sei.
Auf das Vertrauensverhältnis kommt es an
Das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist für ein Arbeitsverhältnis essentiell. Dieses Vertrauensverhältnis nach Ansicht des LAG Rheinland-Pfalz massiv erschüttert, wenn ein Arbeitnehmer sich gegen eine Weisung des Arbeitgebers mit der Androhung einer Krankschreibung zu wehren versucht.
Die Entscheidung stellt klar, dass es dabei auch nicht darauf ankommt, ob die Weisung rechtmäßig oder rechtswidrig war. Denn die Art und Weise, wie sich der Arbeitnehmer versucht hat der Weisung zu entziehen, stellt hier die Pflichtverletzung dar. Deshalb ist es auch unerheblich, ob der Arbeitnehmer nach seiner Androhung tatsächlich krank wird. Da die Androhung ein erpressungsgleiches Verhalten darstellt, war vorliegend sogar eine Abmahnung entbehrlich.
Praxishinweis
Arbeitnehmer sollten dringend darauf achten, derartige Androhungen von Krankmeldungen – auch im Scherz – zu vermeiden. Eine solche Androhung bringt die Bereitschaft zum Ausdruck, sich notfalls auch unter dem Deckmantel einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EZFG) unangenehmen Weisungen oder Aufgaben zu entziehen. Daher kann sich ein Arbeitgeber in solchen Fällen auch ohne vorherige Abmahnung mit einer außerordentlichen (verhaltensbedingten) Kündigung wehren.